Bilinguale Bildungsangebote in Kindergärten und Schulen

28.11.2007 Beschlüsse der Parteigremien FDP-Kreisverband Köln

Der Kreishauptausschuss hat auf Antrag der Jungen Liberalen folgenden Beschluss gefasst. Die FDP-Köln fordert die FDP–Landtagsfraktion auf, sich flächendeckend für die Einrichtung bilingualer Kindergärten und Grundschulen einzusetzen. Des Weiteren sollen die bilingualen Angebote auf den weiterführenden Schulen ausgebaut werden. Dabei ist zu beachten, dass auch neue bilinguale Zweige, wie z.B. türkisch und russisch eingerichtet werden. Ferner muss die Zweitsprache von einer Pädagogin, einem Pädagogen, dessen Muttersprache die Zweitsprache ist, gelehrt werden. Die bereits vorhandenen Kooperationen zwischen Kindergärten, Grundschulen und weiterführenden Schulen sind zu vertiefen und ggf. weiter auszubauen. Die Landesregierung wird aufgefordert, ein pädagogisches Gesamtkonzept in Zusammenarbeit mit Experten, Pädagogen, Kindergarten und Kindertagesstätten, Schulen und freien Trägern für eine bilinguale Bildungslandschaft in NRW zu entwickeln. Begründung: Das Gehirn eines Menschen besteht aus zwei Hälften (linke und rechte Hemisphäre), die miteinander verbunden sind. In der linken Hirnhälfte sind z.B. Sprache, Umgang mit Symbolen und Sequenzen (Mathematik, Musik) sowie Denkprozesse verankert, in der rechten Hemisphäre visuell-räumliche Wahrnehmungen, Gefühle, Kreativität, Fantasie und Körperkoordination. Die meisten Sprachverarbeitungsareale bilden sich im zweiten Lebensjahr in der dominanten Hirnhälfte aus. Beim Fötus entwickelt sich im Gehirn zunächst eine Unmenge von Neuronen, von denen ein Großteil noch vor der Geburt wieder abgebaut wird. So startet ein Neugeborenes mit 100 Milliarden Neuronen (gleiche Anzahl wie bei Erwachsenen), die aber noch klein und wenig vernetzt sind. Dementsprechend beträgt das Gewicht seines Gehirns nur ein Viertel von dem eines Erwachsenen. In der Regel ist bei der Geburt die rechte Hemisphäre etwas weiter entwickelt als die linke. In den ersten drei Lebensjahren nimmt die Zahl der Synapsen rasant zu - eine Gehirnzelle kann bis zu 10.000 ausbilden. Mit zwei Jahren entspricht die Menge der Synapsen derjenigen von Erwachsenen, mit drei Jahren hat ein Kind bereits doppelt so viel. Die Anzahl (200 Billionen) bleibt dann bis zum Ende des ersten Lebensjahrzehnts relativ konstant. Bis zum Jugendalter wird rund die Hälfte der Synapsen wieder abgebaut, bis die für Erwachsene typische Anzahl von 100 Billionen erreicht wird. Die doppelt so hohe Zahl von Synapsen erklärt auch, wieso das Gehirn eines Dreijährigen mehr als doppelt so aktiv ist wie das eines Erwachsenen. Die Ausbildung von doppelt so vielen Synapsen wie letztlich benötigt werden, ist ein Zeichen für die große Plastizität des Gehirns - und die enorme Lern- und Anpassungsfähigkeit des Säuglings bzw. Kleinkinds. Das Neugeborene fängt geistig praktisch bei Null an: Abgesehen von ein paar Instinkten ist es weitgehend auf Wahrnehmung und Reaktion beschränkt. Die Regionen des Gehirns, die später für komplexe Funktionen wie Sprechen oder Denken zuständig sind, liegen weitgehend brach. Aber das ist genau die große Chance des Menschen. Die Überproduktion von Synapsen in den ersten wenigen Lebensjahren ermöglicht das schnelle Erlernen ganz unterschiedlicher Sprachen, Verhaltensweisen, Lebensstile und vieles mehr. Ein großer Teil der weiteren Gehirnentwicklung bei Kindern besteht dann darin, die für ihre Lebenswelt nicht relevanten Synapsen abzubauen und die benötigten Bahnen zwischen Neuronen zu intensivieren. So bestimmt letztlich die Umwelt - das in ihr Erfahrene, Gelernte, Erlebte, Aufgenommene - zu einem großen Teil die Struktur des Gehirns. Das Wachstum in den Stirnlappen ist (Planen von Handlungen, Urteilsvermögen, Aufmerksamkeit) zwischen dem 3. und 6. Lebensjahr am größten. In diesem Zusammenhang wird oft von "Entwicklungsfenstern" oder "kritischen Phasen" gesprochen, in denen das Gehirn für bestimmte Lernerfahrungen besonders empfänglich sei, da dann die relevanten Synapsen ausgewählt und miteinander verknüpft, also die entsprechenden Regionen des Gehirns strukturiert würden. Werden diese Perioden verpasst, könnte ein Kind im jeweiligen Bereich kaum noch dieselbe Leistungsfähigkeit erreichen wie andere. Die "sensible Phase" für den Spracherwerb dauert bis zum 6. oder 7. Lebensjahr. Das Baby kann schon alle Laute jeder Sprache dieser Welt unterscheiden, das Kleinkind alle Phoneme korrekt nachsprechen. Innerhalb weniger Lebensjahre werden aber die Synapsen eliminiert, die diese Leistung ermöglichen. Während in den ersten zehn Lebensjahren das Lernen leicht und sehr schnell vonstatten geht - insbesondere wenn es in die jeweiligen sensiblen Phasen fällt -, verlangt es in den folgenden Jahren immer mehr Anstrengung. Es gibt immer weniger überzählige, unbenutzte Synapsen; die Bahnen, in denen der Jugendliche oder Erwachsene denkt, sind in der Kindheit bereits grob festgelegt worden. Gänzlich neue Verbindungen zwischen Neuronen werden eher selten hergestellt. Das Gehirn hat eine bestimmte Struktur ausgebildet, von deren Art abhängt, in welchen Bereichen das Lernen leichter oder schwerer fällt. Ist ein Kind bilingual aufgewachsen, eignet es sich schneller eine dritte oder vierte Sprache an. Je vielfältiger und breiter die in der Kindheit ausgeprägte Struktur des Gehirns ist, umso mehr Bereiche gibt es, in denen der Jugendliche oder Erwachsene Fortschritte machen kann.

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