Rede von Ralph Sterck zum Doppelhaushalt 2023/2024

10.11.2022 Reden FDP-Fraktion im Rat der Stadt Köln

Wie war zu Cölln es doch vordem…

Werte Frau Oberbürgermeisterin,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

sehr geehrte Damen und Herren!

Wie war zu Cölln es doch vordem,

Mit Heinzelmännchen so bequem! (…)

Da kamen bei Nacht,

Ehe man’s gedacht,

Die Männlein und schwärmten

Und klappten und lärmten (…)

Und hüpften und trabten

Und putzten und schabten...

Und eh (man) noch erwacht,

War all sein Tagewerk bereits gemacht!

An das Gedicht ‚Die Heinzelmännchen‘ von August Kopisch aus dem Jahre 1836 muss man unweigerlich denken, wenn man an die Genehmigungsrückstände oder die Terminvergabe bei der Kölner Stadtverwaltung denkt. Platz 37 von 40 bei einem aktuellen Ranking. ‚Mehr als jede achte Stelle bei der Stadt nicht besetzt‘ hat die Rundschau dazu getitelt. Langsam müsste Ihre Verwaltungsreform wirken, Frau Oberbürgermeisterin.

Oder bei der Liste der Großprojekte, die uns im Oktober vorgelegt wurde. 180 Maßnahmen mit einem finanziellen Einzelaufwand von mindestens 10 Mio. Euro – darunter 60 Schulen – für insgesamt fast 8 Mrd. Euro. Dementsprechend gab es letzte Woche eine Veranstaltung des Kölner Presseclubs unter der Überschrift ‚Warten auf die Heinzelmännchen?‘, bei der die Vorsitzende des Bauausschusses Stefanie Ruffen auf dem Podium saß.

Auch die OB und die Kämmerin scheinen auf die Heinzelmännchen zu hoffen, denn es fehlte jegliche Aussage, wie viel Projekte auf der Liste sich die Stadt vor dem Hintergrund der finanziellen, planerischen und bautechnischen Kapazitäten leisten kann. Diese heiße Kartoffel wurde der Politik rübergeschoben.

Auf ein Projekt sollte die Stadt aus Sicht der Freien Demokraten sofort verzichten: den Umzug des Stadtmuseums zum Roncalliplatz, irreführenderweise als Historische Mitte bezeichnet. Und dabei geht es uns nicht nur um die 152 Mio. Euro, die dafür zur Zeit veranschlagt sind.

Es ist ein großer Fehler, die Stadtgeschichte aus einem 400 Jahre alten Ziegelbau nebst preußischer Wache an der römischen Stadtmauer in einen seelenlosen Betonklotz zu verfrachten. Und wenn der dann auch noch mit seinen 31m Höhe eine massive Beeinträchtigung der Süd-Ost-Ansicht des Domes darstellt, ruft so mancher nicht mehr „Liebe deine Stadt“, sondern „Rette deine Stadt“.

 

Neugierig war des Schneiders Weib…

Meine Damen und Herren!

Es gibt insbesondere bei den Grünen Neugierige, die derzeit austesten, was man der Wirtschaft so alles zumuten kann. Und das erinnert wieder an die Sage der Heinzelmännchen, in der es die Schneidersfrau war, die den paradiesischen Zuständen eine tragische Wendung gab. In unserem Fall wird sie wohl verkörpert durch Grünen-Fraktionschefin Christiane Martin und ihre Fraktion.

Neugierig war des Schneiders Weib,

Und macht sich diesen Zeitvertreib:

Streut Erbsen hin die andre Nacht,

Die Heinzelmännchen kommen sacht;

Eins (rutscht) nun aus,

Schlägt hin im Haus,

Die gleiten von Stufen

Und plumpen in Kufen, (…)

Die lärmen und schreien

Und vermaledeien!

Sie springt hinunter auf den Schall

Mit Licht: … husch, husch! – verschwinden all!

Die Investoren der 700 Studentenwohnungen am Colonius oder des Hochhausneubaus am Friesenplatz sind schon verschwunden. „DEVK vor Umzug nach Monheim“ titelt der Stadt-Anzeiger. Brandgefährlich!

Aus dem Entwurf für den Regionalplan haben Grüne und CDU Potentialflächen für 2000 Arbeitsplätze und Wohnungen für 50.000 Menschen gestrichen. Gerade junge Familien werden durch die gescheiterte Wohnungsbaupolitik aus der Stadt vertrieben. Selbst Mieterverein und DGB sehen darin eine reine Klientelpolitik, die dem Bedarf an Wohnraum entgegensteht und zu einer zunehmenden sozialen Spaltung führt, wie sie im Juni gemeinsam erklärten.

„Der Mobilitätsmix ist keine Fahrradstraße“, hat Gunnar Herrmann als Chef der Kölner Arbeitgeber im Oktober im Express formuliert. Und allein mit Radwegen kann man auch keine Verkehrswende erreichen.

Die FDP-Fraktion war vorletztes Wochenende in der 1,9 Mio. Einwohnerstadt Wien, um insbesondere das Geheimnis des dortigen ÖPNV-Erfolgs zu erkunden. Testfrage: Ist die Wiener U-Bahn älter oder jünger als die Kölner? 10 Jahre jünger! Erst 1978 ging die erste Strecke in Betrieb. Seither wurde massiv in Streckenerweiterung und Taktverdichtung investiert. Gerade wird eine komplett neue U-Bahn-Linie gebaut.

Anders in Köln: In der vorgelegten Liste für Großprojekte ist für dieses Jahrzehnt nur noch die Stadtbahn auf der Bonner Straße als Gleiserweiterung der KVB konkret terminiert. Taktverdichtungen sind wegen der überlasteten Strecken nahezu unmöglich. Ergebnis von 22 Jahren grüner Verkehrspolitik, denn so lange sind Sie hier schon Teil der Mehrheit.

Schlimmer noch: Fast 1 Mrd. Euro, die der Bund für den Ausbau des Kölner U-Bahnnetzes zur Verfügung stellen will, sollen nach dem Willen der Grünen lieber in München ihren Beitrag zur Rettung des Klimas leisten. Dort plakatieren die Grünen Parteifreundinnen und -freunde „Für U-Bahn-Bau statt Dauerstau“. Auch schön gereimt. Und wer hat noch plakatiert „ÖPNV wie in Wien?“ Niemand?

Stattdessen werden Einzelhändler durch Grüne Verkehrsversuche wie an der Deutzer Freiheit in die Insolvenz getrieben. Dem Einzelhandel werden – gerade nach Corona – verkaufsoffene Sonntage wie bei der Intermot verweigert.

Volker Görzel als Regionalleiter des Liberalen Mittelstandes Köln hat mehrfach kritisiert, dass die Stadtverwaltung im Umgang mit der Gastronomie noch immer nicht den richtigen Ton gefunden hat. Das zeigt auch das Klima vor dem morgigen 11.11. insbesondere auf der Zülpicher Straße.

Autofahrerinnen und -fahrer wie an den Wällen sind durch grüne Parkplatzvernichtung nah des Wahnsinns. Und durch die geplante massive Anhebung der Bewohnerparkgebühren drohen vielen Beschäftigten, die auf ihr Auto angewiesen sind, starke Belastungen.

 

O weh nun sind sie alle fort…

Meine Damen und Herren!

Die Herausforderungen vor diesem Winter werden durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine immer größer: Energiekrise, Inflation, Flüchtlingsströme… Gerade in letzterer Frage sollten alle Demokraten zusammenstehen. In diesem Sinne unterstützen wir die entsprechenden Anstrengungen der Verwaltung zur Schaffung von Unterbringungsmöglichkeiten.

Die sozialpolitische Sprecherin der Liberalen, Katja Hoyer, legt dabei Wert darauf, dass nicht wieder Turnhallen belegt werden, und fordert mehr Unterstützung für private Haushalte, die Geflüchtete aufnehmen.

Die besonderen haushalterischen Risiken des vorgelegten Entwurfes hat der finanzpolitische Sprecher der FDP, Ulrich Breite, bereits im Finanzausschuss dargestellt, so dass ich darauf verweisen kann. Und auch die sachpolitischen Baustellen von der unnötigerweise aufgegebenen Hubschrauberlandestation über die von den Grünen zunächst verschleppte Klinikfusion bis zu dem von der CDU mit Ansagen gegen die Wand gefahrenen Großmarkt könnten hier angeführt werden.

Doch für die Politik in diesem Rat gibt es keine Ausreden mehr: Der Stadtvorstand wurde inzwischen komplett ausgetauscht, zur Befriedigung von Grünen und CDU aufgebläht und ist inzwischen voll besetzt. Die Verwaltungsreform ist abgeschlossen und man hat in Rat und Ausschüssen die Mehrheit. Eigentlich müssten Verwaltung und Ratsmehrheit jetzt liefern. Tun sie aber nicht. Stattdessen gibt es Kakophonie und Stillstand.

Aus diesem Grund stimmt die FDP heute gegen den Haushalt und den Stellenplan, mit denen diese verfehlte Politik finanziert und umgesetzt wird.

O weh nun sind sie alle fort

Und keines ist mehr hier am Ort!

Man kann nicht mehr wie sonsten ruh’n,

Man muss nun alles selber tun!

Ein Jeder muss fein

Selbst fleißig sein,

Und kratzen und schaben

Und rennen und traben (…)

Und klopfen und hacken

Und kochen und backen.

Ach, dass es noch wie damals wär‘!

Doch kommt die schöne Zeit nicht wieder her!

Herzlichen Dank.

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Ralph Sterck, MdR

Ralph Sterck, MdR

Vorsitzender der FDP-Ratsfraktion

Stadtentwicklungspolitischer Sprecher der Ratsfraktion

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