Wackerhagen und Lemper zum Bühnengutachten
09.03.2018 Initiativen FDP-Fraktion im Rat der Stadt Köln
Offener Brief an die Oberbürgermeisterin der Stadt Köln
Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin Reker,
die Stadt Köln hat gemäß der Beschlüsse des Rates der Stadt Köln vom 10.05.2016 und des Rechnungsprüfungsausschusses der Stadt Köln vom 24.11.2016 der Rechtsanwaltskanzlei Hecker Werner Himmelreich ein Gutachten zur „Prüfung der Störungen des Projektes Sanierung Bühnen Köln“ in Auftrag gegeben. Darüber wurde – nach mehrmaliger Vertagung - ausführlich bis am späten Abend im Betriebsausschuss Bühnen am 06.03.2018 diskutiert.
Das Gutachten sollte einen entscheidenden Beitrag leisten zur Beantwortung der Frage, welche wesentlichen Gründe für die Nichteinhaltung des geplanten Eröffnungstermins der Oper ausschlaggebend waren und die damit eingetretenen millionenschweren Kostensteigerungen für die Sanierung und das Interim. Es ging schließlich um die Verantwortlichkeiten für dieses Desaster, das einen erheblichen bundesweiten Ansehensverlust Kölns verursacht hat.
Nie bestand die Absicht, mit dem Gutachten einzelne Führungspersönlichkeiten sozusagen „vorzuführen“. Ziel sollte es sein, Kausalitäten von Ursachen und ihren Wirkungen zu analysieren mit dem Ziel künftiger Fehlervermeidung bei Großbauprojekten der Stadt Köln. Verbunden war damit selbstverständlich auch die Frage, wie eine Verwaltung in ihren jeweiligen Hierarchien, Strukturen und fachlichen Kompetenzen künftig aufgestellt sein muss, um auf Dauer groß dimensionierte Bauprojekte erfolgreich bewältigen zu können.
Wir stellen fest: Das Gutachten hat die Verantwortlichkeiten der verschiedenen Administrationen noch nicht einmal annähernd identifiziert und sich vor allem völlig unzureichend damit auseinandergesetzt. Hierzu einige Beispiele:
• Mit dem erheblichen politisch vorgegeben Termindruck des vorgegeben Eröffnungstermins
insbesondere durch den damaligen Oberbürgermeister
• den Gründen für eine unzureichende frühzeitige Information des Kulturausschusses bzw. des Betriebsausschusses über Entwicklungen, die eine Terminüberschreitung zu einem bestimmten Zeitpunkt geradezu zwingend gemacht haben und daher zu notwendigen Beschlüssen hätten führen können
• dem offensichtlich überstürzt eingeleiteten baulichen Beschleunigungsverfahren
• den sich daraus zusätzlich ergebenden Risiken und ihren verheerenden Folgen für die Kosten- und Terminüberschreitungen
• kaum einen Gedanken verliert das Gutachten über alternative Sanierungsmodelle
• keinen Gedanken an einen nie vorgelegten“ Plan B“ für den möglichen Fall einer zwingend notwendigen Terminverschiebung
• es fehlen verwertbare gutachterliche Feststellungen über Mängel in den Abstimmungsprozessen zwischen Politik, dem Bauherrn und…
Stattdessen bietet das Gutachten sogenannte Handlungsempfehlungen an, die zu einem großen Teil rückwärtsgewandt und daher nicht hinreichend verwertbar sind. Sofern sie in der Gegenwart relevant sein sollen, sind sie von der ausgezeichneten Qualität der Ergebnisse der Reformkommission „Aktionsplan Großprojekte“ der Bundesregierung aus 2015 mit den entsprechenden Handlungsempfehlungen für Politik, Wirtschaft und Verwaltung weit entfernt.
Die Tatsache, dass der Erkenntnisgewinn des Gutachtens erheblich begrenzt ist, hat offensichtlich einen Grund. Die beiden Gutachter sind schon seit geraumer Zeit für die Stadt Köln beratend tätig und zudem auch als Vertragsanwälte des Bundesverbandes Deutscher Architekten grundsätzlich befangen. Beide Gutachter hätten von sich aus den Auftrag zu Erstellung eines Gutachtens ablehnen müssen.
Das Gutachten hat viel Geld gekostet, aber kaum einen signifikanten Nutzen gebracht. Die zentralen Fragen sind unbeantwortet. Es ist aus unserer Sicht daher notwendig, ein zusätzliches Gutachten in Auftrag zu geben mit einem klar beschriebenen Fragenkatalog, der Ausschweifungen in Unverbindlichkeiten nicht zulässt. Heute wissen wir, welche Folgen aus der Fristverschiebung entstanden sind. Aber wir wissen nicht, welcher erhebliche Schaden durch eine Verweigerung der frühzeitigen Entscheidung zu einer Fristverschiebung entstanden ist. Hier liegt der Schlüssel zur Frage der Verantwortlichkeiten. Ob die Stadt aus dem Schaden der total verunglückten Opernsanierung klug geworden ist, wissen wir noch nicht. Aus dem vorliegenden Gutachten wird sie es freilich nicht.
Wir gehen davon aus, dass die Verhinderung einer weiteren Aufklärung durch ein weiteres in Auftrag zugebendes, an konkreten Fragestellungen orientiertes Gutachten beendet wird und damit nach zweijährigen Diskussionen die Verantwortlichkeiten gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern endlich offengelegt werden.
gez. Dr. Lothar Theodor Lemper
gez. Dr. Ulrich Wackerhagen