Pinkwart: Köln bekommt neues Max-Planck-Institut

11.01.2007 Reden Innovationsministerium NRW

Rede des Ministers für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie des Landes Nordrhein-Westfalen Prof. Dr. Andreas Pinkwart beim Neujahrsempfang der IHK Köln am 11. Januar 2007 - es gilt das gesprochene Wort - Sehr geehrte Damen und Herren, für das noch junge Jahr 2007 wünsche ich Ihnen sehr persönlich viel Erfolg, Glück und vor allem natürlich beste Gesundheit. Ich tue dies auch sehr gerne im Namen der nordrhein-westfälischen Landesregierung. Wir blicken optimistisch auf die kommenden 12 Monate, denn: NRW zieht an. Über 100 000 neue Arbeitsplätze im vergangenen Jahr. Erstmals seit 1948 ist die Arbeitslosigkeit in einem Dezembermonat in NRW nicht gestiegen, sondern weiter gesunken. Das stimmt uns optimistisch und tatkräftig. Entsprechend handeln wir. Wir regieren in NRW zielorientiert, tatkräftig, mutig, und mit sozialer Sensibilität. Das zeigt Wirkung. Wir gewinnen neue Projekte und neue Köpfe für den Standort. Und die brauchen wir auch dringend. Alleine in den letzten 18 Monaten konnten wir viele hervorragende Forschungsvorhaben in NRW auf den Weg bringen, oftmals gemeinsam mit der Wirtschaft: · zum Beispiel das Energieforschungsinstitut in Aachen mit E.ON und RWTH, das größte PPP-Projekt einer deutschen Hochschule mit einem Unternehmen, · zum Beispiel das neue Nanotechnologie- und Werkstoffzentrum in Bochum mit Ruhruniversität, ThyssenKrupp, Bayer, Salzgitter und Bosch · zum Beispiel das Hautforschungszentrum von Henkel in Düsseldorf · und zum Beispiel, Herr Bauwens-Adenauer, Sie hatten danach gefragt, das Forschungsinstitut für Alternsforschung in Köln mit der Max-Planck-Gesellschaft. Wir sind zuversichtlich, dass wir dieses wichtige Forschungsinstitut für Köln gewinnen können und haben dafür im Hauhalt mit 30 Millionen Euro Vorsorge getroffen. Die abschließende Entscheidung trifft die MPG noch in diesem Quartal. Dank besserer Konjunktur geht es auch deutschlandweit aufwärts. Und das freut uns. Aber dies ist für uns in NRW kein Grund, die Hände nun zufrieden in den Schoß zu legen und eine große Reformpause auszurufen. Ein erfolgreicher Radprofi hat kürzlich gesagt: „Keinen Tritt auslassen.“ Das sei das Geheimnis des Erfolgs beim Zeitfahren, zumindest, wenn man auf unlautere Mittel verzichten wolle. Und so halten wir es auch. Wir lassen bei der dringend notwendigen Aufholjagd in NRW keinen Tritt aus. Wir nutzen die gute Konjunktur, um die immer noch erheblichen strukturellen Probleme besser zu lösen. Heißt für 2007: · Wir halten das Tempo hoch. · Wir halten den Kurs der marktwirtschaftlichen Erneuerung unseres Landes. So, wie wir es vor der Wahl angekündigt, in der Koalitionsvereinbarung verabredet und seit dem Regierungswechsel verlässlich getan haben. · Wir betreiben Reformen für die Menschen und nicht gegen sie. In ganz zentralen Bereichen für die Erneuerung unseres Landes haben wir bereits neue Rahmenbedingungen geschaffen. In den Schulen etwa und in den Hochschulen, bei der Konsolidierung des Haushalts und bei der Entlastung der Wirtschaft von überbordender Bürokratie. Gerade bei der Bildung und bei Forschung und Entwicklung müssen wir unsere Chancen noch besser nutzen als in der Vergangenheit. Dabei dürfen wir keine Zeit verschwenden. In der Bildung haben wir daher an die Stelle ideologischer Scheindebatten eine pragmatische Politik gesetzt. Mit ganz konkreten Zielen und ganz konkreten Maßnahmen. Um nur wenige Beispiel zu nennen: · Wir haben als erstes Bundesland eine verbindliche Sprachprüfung eingeführt, an die sich im Bedarfsfall eine gezielte Sprachförderung anschließt. Denn wir wollen, dass jedes Kind die deutsche Sprache beherrscht, wenn es in die Schule kommt. · Wir wollen, dass Unterricht auch tatsächlich stattfindet. Dafür stehen 3230 neue Lehrerstellen und die drastische Reduktion des Unterrichtsausfalls. · Wir wollen, dass jedes Kind individuell optimal gefördert wird und jeder Schulabsolvent ausbildungsfähig bzw. studierfähig ist. Beides sind zentrale Grundsätze des neuen Schulgesetzes. Mit dem neuen Rahmen geben wir den Schulen, Lehrern und Eltern neuen Handlungsspielraum und neue Verantwortung. Zugleich nehmen wir all jenen, die sich mit ideologischen Spitzfindigkeiten davon stehlen wollen, die Grundlage dafür, nichts zu tun. Alle können etwas tun, damit NRW vorankommt. Wer in der modernen Wissensgesellschaft ganz vorne mitspielen will, muss nicht nur über möglichst viel Wissen verfügen, er muss auch in der Lage sein, neues Wissen hervorzubringen. Hier sind exzellente Wissenschaft und Forschung der Schlüssel zum Erfolg. Um zu bester Qualität zu gelangen, braucht Wissenschaft aber mehr Geld und vor allem mehr Freiheit. Wir haben deshalb mit dem Studienbeitragsgesetz und dem Hochschulfreiheitsgesetz das modernste Hochschulrecht in Deutschland geschaffen. So stellen wir sicher: · dass die Studierenden bei uns schneller, besser und praxisnäher ausgebildet werden. · dass die Hochschulen international sichtbare Exzellenz in der Forschung ausbilden können · und dass der Wissenstransfer zwischen den Hochschulen und der Wirtschaft intensiver wird. Freiheit und Verantwortung, wie sie das Hochschulfreiheitsgesetz gewährt: Das ist ein Paradigmenwechsel im Verhältnis zwischen Staat und Hochschule. In einer in Deutschland nirgendwo anders erreichten Dimension erhalten die Hochschulen in NRW Autonomie und Eigenverantwortung in Personal, Finanz- und Sachentscheidungen. Die Hochschulen brauchen das: Wenn Berufungsverfahren 2 Jahre dauern, sind die besten Köpfe längst woanders. Auch in der Kooperation mit Unternehmen, um ein zweites Beispiel zu nennen, werden die Hochschulen endlich als entscheidungsstarke Partner agieren können. Mit dem neuen Hochschulrecht beginnt eine neue Ära für die Hochschulen in NRW. Sie können jetzt schneller, besser und flexibler handeln. Sie können neu durchstarten im Wettbewerb um die besten Köpfe, die größten Budgets, die herausragenden Ergebnisse. Mehr Freiheit eröffnet neue Chancen, erfordert aber auch Mut. Herr Freimuth weiß, wovon ich rede. Ihre Hochschule hat sich für die Option Studienbeiträge entschieden. Gegen teilweise massive Proteste. Weil Sie davon überzeugt sind, Lehre und Studienbedingungen dadurch erheblich verbessern zu können, haben Sie persönlich Position bezogen und die notwendigen Entscheidungen in eigener Verantwortung herbeigeführt. Ihre Hochschule und Ihre Studierenden werden es Ihnen langfristig danken. Zu unserem Erneuerungsprogramm gehört zwingend die fortgesetzte Konsolidierung des Haushalts. Wir steuern durch Aufgabenkritik, Bürokratieabbau und Verwaltungsmodernisierung konsequent um. Bereits im Jahr 2007 werden wir wieder einen verfassungskonformen Haushalt und 2011 einen ausgeglichenen Haushalt erreichen. Das ist unser Weg zu mehr Spielraum für Zukunftsinvestitionen. Zwei aktuelle Beispiele dafür, wie wir die Prioritäten neu setzen: Erstens. Weil wir in Zukunft investieren wollen, sagen wir: Es muss Schluss sein mit dem subventionierten Steinkohlebergbau. 2003 haben Bund und Land in NRW genauso viel in den tiefsten Flözen vergraben wie in F&E investiert. Und das in einem Land, das in den vergangenen 15 Jahren bei der F&E-Quote immer weiter hinter den Bundesdurchschnitt, ja sogar hinter die neuen Länder zurückgefallen ist. Ein Unding: Wer jetzt auf den Sockelbergbau setzt, handelt alles andere als sozial. Er gefährdet den Börsengang des RAG-Folgeunternehmens mit insgesamt 100 000 Mitarbeitern und verhindert den schnellen Übergang von Vergangenheitssubvention in Zukunftsinvestition. Zweitens. Wir sind für Mitbestimmung. Aber wir meinen: Ein Personalvertretungsgesetz, wie es im Bund und anderen Ländern, etwa Baden-Württemberg, funktioniert - das ist auch für NRW in Ordnung. Wir wollen deshalb das Landespersonalvertretungsgesetz orientiert am entsprechenden Bundesrecht novellieren, um die Handlungsspielräume des Landes und der Kommunen zu vergrößern. Im Schulbereich heißt das ganz konkret, dass 40 Prozent der heute für die Personalvertretung komplett freigestellten Lehrer wieder in den Unterricht zurückkehren. Ich meine: Es ist wichtiger, dass wieder 200 Lehrer mehr für die Ausbildung und Erziehung unserer Kinder zur Verfügung stehen als dass sie sich mit Gremienarbeit in eigener Sache beschäftigen. NRW macht Tempo. Aber gerade für den Mittelstand, für unseren wichtigsten Arbeitgeber, bräuchten wir zusätzlich zu mutigem Bürokratieabbau inklusive Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten in NRW dringend Rückenwind aus Berlin. Nach dem gegenwärtigen Anschein zu Jahresbeginn bleiben aber Zweifel, ob in Berlin die Kraft und der Wille zu echten Reformen vorhanden sind. Nach den Trippelschritten des ersten Jahres stehen sich die Partner gegenwärtig bei fast allen Themen auf den Füßen. · etwa bei der Flexibilisierung des Arbeitsmarktes · bei der Reform der sozialen Sicherungssysteme · bei einer Steuerreform, die ihren Namen verdient Mehr Freiheit, Verantwortung und Leistungsorientierung ist auch in der Sozialpolitik dringend notwendig. Herr Bauwens-Adenauer hat es angesprochen: Eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung zeigt die Defizite. Deutschland liegt bei der Höhe der Sozialausgaben im Verhältnis zur volkswirtschaftlichen Leistung europaweit an der Spitze, aber weit hinten in Bezug auf die Wirksamkeit dieser Aufwendungen. Anders gewendet: Mit den gleichen oder gar geringeren Sozialausgaben könnte ein intelligent reformierter Sozialstaat mehr für die Menschen bewirken. Deshalb müssen wir die Treffsicherheit und Effektivität unseres sozialen Systems erhöhen. Mehr Wachstum und Beschäftigung brauchen aber auch ein besseres Innovationsklima und mehr Offenheit für neue Technologien. Ganz offenkundig ist das beim aktuellen Thema Energie, einer der großen Schicksalsfragen für ganz Europa in den kommenden Jahren und Jahrzehnten. Gesicherte und ökologisch verträgliche Energieversorgung, die die europäischen und internationalen Klimaschutzziele erreicht: Das wird es nur mit einem intelligenten Energiemix geben, der alle Optionen nutzt, erneuerbare Quellen ebenso wie bestehende CO2-arme Optionen. Wir dürfen deshalb keine Option ausblenden. Ein Drittel des Stroms kommt aus Kernkraftwerken und kann absehbar nicht durch andere klimaschonende Quellen ersetzt werden. Wir brauchen deshalb eine längere Laufzeit der Kernkraftwerke. Wir brauchen aber auch mehr und nicht weniger Forschung: auf dem Gebiet der Sicherheit, der Entsorgung, der neuesten Kraftwerksgeneration. Die Kompetenz haben wir in NRW in Jülich und in Aachen. Ich freue mich sehr, Herr Bachem und Herr Rauhut, dass es uns gelungen ist, zu verhindern, dass der Faden reißt. Anders als von der Vorgängerregierung geplant, werden Sie gemeinsam und mit Unterstützung des Landes NRW drei Professuren wiederbesetzen und zusätzlich eine weitere Professur einrichten. Ich freue mich, dass das Energieland Nummer 1 NRW jetzt auch auf dem Weg zum Energieforschungsland Nr. 1 ist. Eine Bemerkung zum Schluss: Wer Veränderung in Deutschland will, muss Reformen zustimmungsfähig und gerecht gestalten. Wir in NRW setzen daher auf die Menschen, die mehr können und mehr wollen. Und das ist die ganz große Mehrheit in diesem Land. Wir versprechen den Menschen keine Reformpause. Aber wir sind überzeugt, wir können die Menschen in unserem Land davon überzeugen: Reformbereitschaft lohnt sich. Es lohnt sich, die anstehenden Veränderungen mitzugehen. Wer bereit ist, Wandel anzunehmen, erhält auch eine echte Chance, sein Leben besser zu gestalten. NRW hat Zukunft. · Es kann die besten Köpfe anziehen. · Es kann als starker und innovativer Partner im internationalen Wettbewerb der Standorte bestehen. Beim Wandel muss es fair zugehen. Und jeder verdient eine echte Chance. Das wollen wir für die Menschen und mit den Menschen in NRW erreichen. Daran werden wir auch 2007 hart arbeiten. Und ich bin zuversichtlich, dass die Bürgerinnen und Bürger bereit sind, diesen Weg engagiert mitzugehen. Vielen Dank.

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