Prof. Dr. Dr. Oskar Türk: Was wir (noch) nicht wissen

Ein Artikel von Willem Fromm aus der aktuellen Ausgabe der KölnLiberal

17.01.2020 Meldung FDP-Kreisverband Köln

Willem Fromm

70 Jahre sind seit der Gründung der FDP in Köln vergangen. Von Anfang an waren die Kölner Liberalen stets mit Tatkraft und ganzem Herzen am Werke, um für die ahle Stadt am Rhing eine liberale Politik zu ermöglichen.

Die vor Kurzem veröffentlichte Chronik zu 70 Jahren Kölner FDP hat ihnen jahrzehntelange und hoch verdiente Mitglieder wie Friedrich Jacobs oder Jan Brügelmann vorgestellt, die sich direkt nach dem Kriegsende im Mai 1945 inmitten der Kölner Kriegstrümmer anschickten, Köln wiederaufzubauen und fortschrittlich zu gestalten. Doch auch andere Personen fanden hier Erwähnung, die maßgeblich die Kölner FDP prägten. Manche mit einer durchaus zweifelhaften Vergangenheit und gar einer deutlichen Verstrickung mit dem nationalsozialistischen Regime. Dieser Artikel soll sich mit einer dieser Personen befassen, Prof. Dr. Dr. Oskar Türk.

Der frühere preußische Verwaltungsbeamte war Bürgermeister der Stadt Köln von 1958 bis 1963. Dies war jedoch nicht sein erstes hohes städtisches Amt. Türk war bereits von 1936 bis 1945 Kämmerer der Stadt Köln. Hier ist es vollkommen abwegig, bloß von einem „Mitläufer“ zu sprechen, eine Kategorisierung, die im Zuge der Entnazifizierung nach dem Krieg eigentlich nur minder beteiligten Mitgliedern der NS-Herrschaft zukommen sollte. Geradezu inflationär wurde er dennoch auch hochrangigen NS-Parteigenossen bescheinigt. Auch Türk erhielt in seinem Entnazifizierung-Verfahren in einem britischen Internierungslager 1948 die niedrigste Kategorisierung V, die Einstufung als „Unbelasteter“. Geholfen hatte ihm einerseits wohl seine gute Vernetzung innerhalb der Kölner Stadtgesellschaft. Zahlreiche Zeugen äußerten sich positiv über ihn, andererseits schützte Türk auch der Fakt, dass er nie offiziell Mitglied der NSDAP selbst war.

Der Aufschrei in den lokalen Medien war, selbst gemessen an der damaligen Papierknappheit, direkt nach der Bekanntgabe laut aber kurz. Der damalige Hauptausschuss für Entnazifizierung der Stadt Köln beantragte sogar eine Wiederaufnahme des Verfahrens, was die britische Militärverwaltung aber brüsk als Affront gegen die eigene Gerichtsbarkeit ablehnte. 1 Nach der Wahl von Oskar Türk für die FDP in den Kölner Stadtrat 1952 fiel diesbezüglich während keiner einzigen Ratssitzung ein böses Wort gegen ihn. Im Gegenteil: Besonders seine Reden zum städtischen Haushalt waren von seinen Kollegen fraktionsübergreifend sehr geschätzt. Als ehemaliger Kämmerer hatte er natürlich eine finanzpolitische Expertise. Seinen politischen Karrierehöhepunkt feierte Türk dann 1958 als er, gleichzeitig auch mit einem Mandat im Düsseldorfer Landtag ausgestattet, als einer der Stellvertreter von SPD-Oberbürgermeister Theo Burauen gewählt wurde.

Auch wenn die volle Reputation von Oskar Türk kurz nach Kriegsende scheinbar bereits wiederhergestellt war, sollte aber eins bewusst sein: Kämmerer in der größten Stadt des Rheinlandes zu Zeiten der NS-Diktatur gewesen zu sein, quasi der Finanzminister der Stadt Köln, bedeutete eine hohe Verstrickung in den Führerstaat Adolf Hitlers. Besonders die Verantwortung der Stadt Köln für die Messelager in Deutz hat in der jüngeren Vergangenheit eine große Aufmerksamkeit der wissenschaftlichen Forschung erfahren. Türk selbst hatte noch nach der Befreiung des linksrheinischen Ufer Kölns durch die Amerikaner Anfang März 1945 bis zum Ende am rechtsrheinischen Ufer ausgeharrt und Köln für die NS-Herrschaft verwaltet. Bis zum bitteren Ende.

Eine eigene wissenschaftliche Aufarbeitung der Kölner FDP über Elemente von ehemaligen nationalsozialistischen Kadern sollte uns als Freie Demokraten heute nicht mehr schrecken. Vielleicht findet sich ein Prozess, wie sich mit diesem noch kaum aufgearbeiteten Thema klug und richtig umgehen lässt. Dieser hier geschilderte Abschnitt ist Teil der Geschichte der Kölner FDP. Bei allen Bauchschmerzen, die wir als Freie Demokraten heutzutage bei solchen Fakten bekommen können. Es sollte uns erst Recht ermuntern, stets vehement für eine offene, tolerante und freie Gesellschaft einzustehen.

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