Mendorf: "Schluss mit Reformstau!"
18.03.2002 Meldung FDP-Kreisverband Köln
"Deutschland braucht jetzt endliche eine liberale Wirtschaftspolitik! Rot-Grün hat in vier Jahren neue Regulierungen auf dem Arbeitsmarkt eingeführt und die notwendigen Reformen bei Steuern, Sozialversicherungen und Arbeitsmarkt versäumt", so Marco Mendorf, Bundestagskandidat der Kölner FDP. In einem Beitrag für das Mitgliedermagazin des Bundesverbandes der Jungen Liberalen, "jung & liberal", fordert Mendorf angesichts 4,3 Millionen Arbeitslosen einen umfassenden Abbau von Regulierungen auf dem Arbeitsmarkt. Dazu gehöre eine Neudefinition des "Günstigkeitsprinzips", eine Reduzierung des Kündigungsschutzes und flexible, betriebsorientierte Tarifverträge. "Diese liberale Wirtschaftspolitik ist notwendig, damit in Deutschland endlich wieder investiert wird und Arbeitsplätze geschaffen werden können. Weitere vier Jahre Reformstau und Staatswirtschaft kann sich die Bundesrepublik zumindest nicht mehr leisten", so Mendorf abschließend. Artikel zum Thema Aktuelle Wirtschaftspolitik Für das Mitgliedermagazin „jung & liberal“ „Rot-Grün hat die Chancen zur Lösung der Strukturprobleme in Deutschland nicht genutzt.“ Um was geht es hier eigentlich? Der „Statistik-Skandal“ über die gefälschten Statistiken der Bundesanstalt für Arbeit lenkte zum Jahresbeginn 2002 die öffentlich Debatte zu dem wohl wichtigsten politischen Thema in Deutschland: die Arbeitslosigkeit. Anstatt allerdings über substantielle Reformen des Arbeitsmarktes zu diskutieren, kündigte die Bundesregierung an, ab 2003 eine geänderte Arbeitslosenstatistik zu verwenden. Damit wäre Deutschland auf einen Schlag um rund eine Millionen Arbeitslose ärmer; rein statistisch gesehen. Rein faktisch betrachtet weist die amtliche Arbeitslosenstatistik im Januar 2002 etwa 4,3 Millionen Menschen als arbeitslos aus. Fakt ist allerdings auch, dass sich zusätzlich Menschen in Qualifizierungs- und Weiterbildungsmaßnahmen und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen befinden, die in der bisherigen Arbeitslosenstatistik nicht enthalten sind. Insgesamt suchen in Deutschland rund 5,2 Millionen Menschen einen Job. Bundeskanzler Schröder wollte sich daran messen lassen, die Arbeitslosigkeit spürbar zu senken. Schröders Kontrahenten Stoiber und Westerwelle werden ihn an sein Versprechen erinnern. In die gleiche Kerbe schlagen mittlerweile aber nicht nur die Oppositionspolitiker sondern auch Vertreter von Wirtschaftsverbänden, Journalisten und Wissenschaftler, die nach dem Rücktritt von Lafontaine der rot-grünen Regierung zunächst viel Vertrauen entgegenbrachten. Max Schön, Präsident der Arbeitsgemeinschaft Selbständiger Unternehmer e.V. (ASU) wirft der Bundesregierung vor, notwendige Reform in der Wirtschaftspolitik verschlafen zu haben: „Rot-Grün hat die Chancen zur Lösung der Strukturprobleme in Deutschland nicht genutzt.“ An welchen wirtschaftspolitischen Hebeln hätte eine Bundesregierung aber ansetzen sollen? Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung vermisst in seinem Jahresgutachten 2001/2002 eine grundlegende Reform des Strukturen auf dem Arbeitsmarkt, hätte sich eine tiefgreifendere Steuerreform gewünscht und eine konsequentere Haushaltskonsolidierung. Arbeitsmarkt Die fünf Wirtschaftsweisen konstatieren in ihrem aktuellen Jahresgutachten, dass zur Reduzierung der hohen Arbeitslosigkeit insbesondere eine weitgehende Reform der Arbeitsmarktordnung geboten ist. „Dringlichster Handlungsbedarf besteht nach wie vor beim institutionellen Regelwerk des Arbeitsmarktes.“ In den letzten Jahren seien notwendige Reformen nicht angepackt worden und neue marktwirtschaftliche Sündenfälle hinzugekommen. Anstatt die Überregulierung auf dem Arbeitsmarkt zu reduzieren, wurde von der Bundesregierung ein bunter Strauß staatlicher Vorschriften aufgesattelt: Verschärfung des Kündigungsschutzgesetzes, Lohnfortzahlung, geringfügige Beschäftigung, Scheinselbständigkeit, Anspruch auf Teilzeitarbeit, Einschränkung der befristeten Beschäftigung und schließlich das Betriebsverfassungsgesetz. Jede dieser zusätzlichen staatlichen Regeln reduziert die unternehmerische Handlungsfreiheit und bürdet den Unternehmen zusätzliche Kosten auf. Der rot-grüne Ideenreichtum zur Voll-Regulierung des Arbeitsmarktes scheint unerschöpflich. Auf dem Weg zur Staatswirtschaft fordern sowohl Schröder wie auch Stoiber eine Novelle des Vergabegesetzes: Öffentliche Aufträge sollen demnach nur noch an Unternehmen gehen dürfen, wenn sich diese den tarifvertraglichen Regelungen untergeben (Tariftreueerklärung). Damit wären alle nicht tarifgebundenen Unternehmen von öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen, eine zusätzliche Wettbewerbsverzerrung, vor allem zu Lasten kleiner Betriebe. Auf dem Weg zu diesem zusätzlichen Staatseingriff könnte jetzt nur noch das Wettbewerbsrecht der Europäischen Union im Wege stehen: Die Tariftreueerklärung würde auch von allen ausländischen Unternehmen abverlangt und könnte somit massiv den Freiheiten des Binnenmarktes widersprechen. ASU und Sachverständigenrat sind sich einig: Dieser zusätzliche staatliche Eingriff muss verhindert werden. Anstatt neue Regelungen einzuführen, will die ASU vorhandene Staatseingriffe abschaffen oder zumindest aufweichen. So will der Unternehmerverband eine neue Diskussion über das Günstigkeitsprinzip entfachen. Das Günstigkeitsprinzip besagt, dass betriebsinterne Abweichungen vom Tarifvertrag nur vorgenommen werden dürfen, wenn durch diese Änderungen der Arbeitnehmer besser gestellt wird. Nach dem Günstigkeitsprinzip ist es praktisch nicht möglich, Regelungen im Tarifvertrag „nach unten“ zu korrigieren und im Gegenzug den Arbeitsplatz zu erhalten. Die ASU ist sich mit dem Sachverständigenrat einig: Besser einen Arbeitsplatz unterhalb des Tarifs als ein Arbeitsplatz, der wegrationalisiert wird! Insoweit müsste die Definition des Günstigkeitsprinzips auch die Beschäftigungssicherung als „günstig“ anerkennen. Rot-Grün denkt aber nicht daran, eine von den Gewerkschaften als heilige Kuh gepriesene Errungenschaft anzupacken. Die Gewerkschaften haben es in der rot-grünen Ära ohnehin verstanden, ihrem Ruf als Interessenvertreter der Arbeitsplatz-Insider gerecht zu werden: Arbeitslose sind in der Regel keine Mitglieder einer Gewerkschaft und werden folglich auch nicht von ihnen vertreten. Das Kündigungsschutzgesetz kann als trauriger Beweis herangezogen werden: Während ein liberaler Bundeswirtschaftsminister in den Jahren 1994 bis 1998 durchsetzen konnte, die Gültigkeit des Kündigungsschutzgesetzes für kleine Betriebe außer Kraft zu setzen, wurde die Reform von Rot-Grün schon in den ersten Wochen wieder außer Kraft gesetzt. Neuste Re-re-reform-Vorschläge sehen nun eine Änderung des Kündigungsschutzgesetzes nach Schweizer Vorbild vor: Kündigungen bedürfen demnach keiner besonderen Begründung durch das Unternehmen, öffnen damit den Arbeitsmarkt allerdings für kurzfristige Einstellungen in konjunkturell erfolgreichen Phasen. Flexibilität statt Regulierung scheint ein Leitmotiv des Sachverständigenrates zu sein. So fordern die fünf Weisen eine flexiblere Ausgestaltung der Tarifverträge und des Arbeitsrechts. Mitarbeiter sollen zu Unternehmer mutieren: Nach dem Modell sollen Angestellte ein variables Leistungsentgelt erhalten. Dieses besteht aus einem geringeren Grundgehalt und einer zusätzlichen Gewinnbeteiligung. Diese Reform soll einerseits Mitarbeiter stärker in ihre Firma einbinden und zu unternehmerischem Denken animieren. Andererseits erhalten die Unternehmen mehr Freiraum: In konjunkturell guten Zeiten bestehen Spielräume für eine hohe Entlohnung der Mitarbeiter. In schlechteren Zeiten können Entlassungen verhindert werden, indem das variable Leistungsentgelt gering gehalten wird. Eng verbunden mit einer Flexibilisierung auf dem Arbeitsmarkt sind Reform der Sozialen Sicherungssysteme: Die FDP proklamiert schon seit Jahren: „Arbeit muss sich wieder lohnen!“ Das Sozialsystem müsse Anreize zur Aufnahme von Arbeit schaffen. Vielfach würde allerdings das Gegenteil erreicht. Die fünf Weisen schlagen deshalb eine Reduzierung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes von 32 auf 12 Monate vor. Gleichzeitig sollten die Systeme der Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zusammengefasst werden. Das von den Jungen Liberalen in die FDP hineingetragene Modell des Bürgergeldes könnte durch die Zusammenlegung verschiedener Transferleistungen somit Schritt für Schritt verwirklicht werden. Reform der Arbeitsverwaltung Der durch den Bundesrechnungshof aufgedeckte Statistik-Skandal der Bundesanstalt für Arbeit eröffnet neben der Definition der amtlichen Statistik ebenso eine Debatte über den Sinn und die Aufgaben der Behörde. Zur eigentlichen Aufgabe der Bundesanstalt für Arbeit (BA) gehört die Vermittlung von Arbeitsplätzen an Arbeitslose. In den letzten Jahren wurden die Aktivitäten der BA aber auf viele weitere Felder ausgebreitet. Insbesondere wurde eine Netz von Qualifizierungs- und Weiterbildungsangeboten entwickelt und mit riesigen Fördertöpfen der zweite Arbeitsmarkt ausgeweitet. Mit 90.000 Mitarbeitern ist die BA Deutschlands größte Bundesbehörde. Das von Rot-Grün beschlossene Job-AQTIV-Gesetz wird nochmals die Anzahl der beschäftigten Mitarbeiter erhöhen und widerspricht damit der Forderung, möglichst viele Dienstleistungen auf private Arbeitsvermittler zu verlagern. Viel Masse, wenig Klasse, meinen die selbständigen Unternehmer. Eine ASU-Unternehmerumfrage bescheinigt, dass die Unternehmen mit den Leistungen der BA vollkommen unzufrieden sind. Die den Unternehmen vermittelten Bewerber auf offene Stellen entsprächen zu 84 Prozent nicht den gewünschten Anforderungen. „Damit wird der Bundesanstalt für Arbeit ein Armutszeugnis in ihrem Kompetenzbereich ausgestellt“, so ASU-Präsident Schön. Mit einem Antrag an den Deutschen Bundestag stürmte die FDP-Bundestagsfraktion im März 2002 nach vorne. Alt-Jungliberaler Dirk Niebel will die Mammut-Behörde mit einem Jahresbudget in Höhe von 54 Mrd. Euro verschlanken, einzelne Aufgaben in das Bundeswirtschaftsministerium verlagern und die Arbeitsvermittlung zum großen Teil privatisieren. Wenn neben der äußeren und inneren Sicherheit und Partei-Spendenskandalen im Bundestagswahlkampf noch ein Plätzchen für andere Themen frei bleibt, wird die Wirtschaftpolitik sicher einen prominenten Stellenwert erhalten. Das ist angesichts der bedrückend hohen Arbeitslosigkeit auch notwendig. Weitere vier Jahre Reformstau und Staatswirtschaft kann sich die Bundesrepublik zumindest nicht mehr leisten.