Die Verkehrswende braucht mehr Schienen

Ein Artikel von Ralph Sterck aus der aktuellen KölnLiberal

06.04.2023 Meldung FDP-Fraktion im Rat der Stadt Köln

Der Kreisparteitag der FDP-Köln hat Mitte März „Bausteine für eine liberale Verkehrswende in Köln“ beschlossen. Darin heißt es: „Wir begrüßen alle Maßnahmen, die den Umstieg (…) dadurch erleichtern, indem diese durch Investitionen und Ausbau verbessert werden. Maßnahmen, die aber aus ideologischen Motiven auf die Bestrafung bestimmter Verkehrsmittel abzielen, lehnen wir strikt ab.“ Ein klares Bekenntnis zur freien Verkehrsmittelwahl, wie es schon zur KölnWahl 2020 plakatiert wurde: „Auto, Rad, KVB: Du entscheidest!“

Doch gerade der dafür notwendige Ausbau des Schienennetzes der Kölner Verkehrsbetriebe wurde in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten sträflich vernachlässigt. So ist z.B. die Ost-West-Achse zwischen Heumarkt und Neumarkt mit ihrem 2-Minuten-Takt im morgendlichen Berufsverkehr längst über ihrer Kapazitätsgrenze. Abhilfe soll die sogenannte Dreifachtraktion bringen, also das Aneinanderkoppeln von drei Waggons, so dass 90-Meter-Züge entstehen und damit 50% mehr Fahrgäste pro Fahrt transportiert werden können.

Bereits 2009 hatte die FDP das Thema aufgegriffen und 2019 einen Abschluss der Maßnahmen zumindest auf dem westlichen Ast Richtung Weiden-West bis zur Fußball-EM 2024 gefordert. Daraus wird leider nichts: Die komplette Stecke bis Bensberg soll nun „ab 2026“ für Dreifachzüge bzw. – auf Initiative der Liberalen – beschafften durchgehenden Doppelwagons mit einem gekoppelten Einzelwagen umgebaut werden. Auf die von uns favorisierten durchgängigen 90-Meter-Züge, die mehr Sicherheit und Komfort brächten, muss man bis frühestens in die 30er Jahre warten.

Quizfrage: Wie viele Kilometer Stadtbahnstrecke wurde in den letzten zehn Jahren in Köln eröffnet? Antwort: 0,6 durch die Verlängerung der Linie 3 bis zum Görlinger-Zentrum in Bocklemünd/Mengenich 2018. Immerhin hat es für diese Anfang der 60er Jahre geplante Strecke „nur“ knapp 60 Jahre bis zur Realisierung gebraucht. Aber das ebenso alte Neubrück wartet immer noch auf seinen Stadtbahnanschluss. Das macht man in der ÖPNV-Erfolgsstadt Wien anders: Da werden erst die Bahnstrecken und dann die neuen Stadtteile gebaut, wie man an der Seestadt Aspern sehen kann.

Man könnte noch beide Teilstrecken der Nord-Süd-Stadtbahn, die eigentlich 2010 komplett fertig sein sollte, anrechnen. Immerhin wurde die nördliche, von der Linie 5 befahrene Strecke bis zum Heumarkt gegen den anfänglichen Widerstand der KVB 2012 und 2013 in Betrieb genommen. Der südliche, von der Linie 17 befahrene Abschnitt wurde gegen den erbitterten Widerstand der zur Beschlussfassung mehrheitsführenden SPD 2015 eröffnet. Auf beiden Strecken würden wahrscheinlich heute noch nur Geisterzüge zur Instandhaltung der Strecke fahren, wenn es nicht entsprechende Initiativen der Liberalen gegeben hätte. Deshalb nannte der damalige KVB-Chef Jürgen Fenske bei der Eröffnungsfeier am Chlodwigplatz die Liberalen auch die Ideengeber der Teilinbetriebnahme.

ÖPNV-Roadmap von 2018

Doch eigentlich müsste das KVB-Schienennetz viel schneller und stärker in die Fläche gebaut werden, um mehr Stadtteile und damit mehr potentielle Fahrgäste mit der Bahn zu erschließen. Zu diesem Zweck wurde 2018 die sogenannte ÖPNV-Roadmap beschlossen. Sie umfasst drei Maßnahmen der Schienennetzerweiterung, bei denen noch in den 20er Jahren mit dem Bau begonnen werden sollte: Rondorf/Meschenich, Mülheim-Süd und Stammheim/Flittard sowie Zündorf-Süd. Vier weitere Projekte sollten ab 2030 folgen: die links- und rechtsrheinische Gürtelverlängerungen, Neubrück und Widdersdorf.

Im vergangenen September legte die Stadtverwaltung dazu den dritten Sachstandsbericht vor. Neu hinzugekommen ist die Verlängerung der Linie 17 über den Rhein nach Niederkassel und Bonn-Beuel. Diese soll „ab 2029“ gebaut werden und da hier der Rhein-Sieg-Kreis federführend ist und Druck macht, könnte das vergleichsweise schnell gehen. Damit soll auch die Linie 7 bis zu einer entsprechenden Verknüpfung in Porz-Langel verlängert werden. Und neu ist die Verlängerung der Linie 4 über Widdersdorf nach Niederaußem „ab 2032“. Muss Widdersdorf dann auch so lange warten?

Enttäuschend nur, dass der Baubeginn für die Verlängerung der Linie 7 in den vier Jahren seit Aufstellung der Roadmap um drei Jahre auf „ab 2025“ verschoben wurde. Die Strecke nach Stammheim und Flittard sogar um vier Jahre auf „ab 2028“. Überhaupt ist natürlich dieses Wörtchen „ab“ sehr verräterisch, denn das kann auch den Sankt-Nimmerleins-Tag bedeuten… Hinzu kommen die Bahnsteigverlängerungen auf der 4, 13 und 18, die die Kapazität erhöhen und seit letztem Jahr laufen sollen. Zu sehen ist davon leider noch nichts.

Die Linie 13 ist der „Hidden Champion“ unter den KVB-Linien. Sie kann Verkehre vor der Innenstadt abfangen, damit nicht alle Fahrgäste z.B. bis zum Neumarkt fahren in der Erwartung, von dort schnell einen Anschluss in Richtung Ziel zu bekommen. Aber da auf dem Gürtel nur eine Linie in einem – oft unzuverlässigen – 10-Minuten-Takt fährt, ist das vielen zu unattraktiv. Daher ist der 5-Minuten-Takt, der hier auf Initiative der FDP beschlossen wurde, sehr wichtig. Und auf unser Konto geht auch der Beschluss für zwei neue Haltestellen Niehler Straße/Gürtel und Boltensternstraße/Gürtel.

FDP-Antrag zur Beschleunigung

Insgesamt war die FDP vom vorgelegten Sachstandbericht sehr enttäuscht: zu wenig Fortschritte und zu ambitionslos. Für einen kraftvollen Ausbau des ÖPNV-Netzes im Sinne einer funktionstüchtigen Verkehrswende reicht das alles nicht aus. Dementsprechend wurde von uns ein Änderungsantrag gestellt, um die Prozesse zu beschleunigen:

1. Die Maßnahmen zur linksrheinischen Gürtelverlängerung der Linie 13, zur Rheinquerung der Linie 17 zwischen Godorf und Langel, zum Stadtbahnanschluss Neubrück und zum Neubau der Haltestellen Boltenstern- und Niehler Straße/Gürtel sind durch geeignete Schritte dahingehend zu beschleunigen, dass sie bereits möglichst weit vor 2032 in Betrieb gehen.

2. Der Neubau einer Verknüpfungshaltestelle der Linie 18 am Bahnhof Köln-Süd und die Anbindung der Stadtbahnanschlüsse Mülheim-Süd und Stammheim/Flittard ist im Sinne der Umsetzung des Ratsbeschlusses „Umgestaltung Barbarossaplatz – Machbarkeitsstudie“ vom 06.02.2020 zu planen (Verbindung bis Hürth-Mitte und U-Bahn unter dem Barbarossaplatz).

3. Die geplanten Netzerweiterungen nach Hürth-Mitte inkl. der dafür notwendigen Unterquerung des Militärrings, die im Rahmen der Ausgleichmaßnahmen für das Rheinische Revier angemeldete Verlängerung der Linie 7 von Frechen-Benzelrath nach Kerpen und die beschlossene Machbarkeitsstudie für die (auf Initiative der FDP beschlossene) Haltestelle Rheinauhafen auf der Severinsbrücke sind in die Sachstandsberichterstattung aufzunehmen.

4. Die langfristig wünschenswerten Netzerweiterungen nach Pesch, der Linie 16 von Niehl, Sebastianstraße bis Niehl-Nord, die Verlängerung der Linie 12 in die Rheindörfer und der Linie 1 nach Moitzfeld sowie die Stadtwaldbahn sind in einer neuen Kategorie – z.B. 2040+ – in die Sachstandsberichterstattung aufzunehmen. (…)

Der Antrag wurde schon mehrmals im Verkehrsausschuss vertagt. Optimistisch kann man das als Zeichen werten, dass insbesondere das Ratsbündnis mit sich ringt, einen Beschluss in der vorgegebenen Richtung zu fassen, denn zufrieden können die Kolleginnen und Kollegen mit dem vorgelegten Tempo auch nicht sein. Hoffen wir das Beste!

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Ralph Sterck, MdR

Ralph Sterck, MdR

Vorsitzender der FDP-Ratsfraktion

Stadtentwicklungspolitischer Sprecher der Ratsfraktion

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