Die FDP, der Liegenschaftsausschuss und das Erbbaurecht
Die neue Ausgabe der KölnLiberal ist da!
02.01.2024 Meldung FDP-Fraktion im Rat der Stadt Köln
Seit Beginn der Ratsperiode kann der Liegenschaftsausschuss mit sachkundigen Bürgern und Bürgerinnen und auch mit sachkundigen Einwohnern und Einwohnerinnen besetzt werden. Davor konnten ausschließlich Mitglieder des Rates im Liegenschaftsausschuss mitbestimmen.
Die Fraktion hat mich als sachkundige Bürgerin – mit Rede- und Stimmrecht – und den Kollegen Andreas M. als sachkundigen Einwohner 2020 gewählt. Andreas M. musste im April d.J. sein Amt aus beruflichen Gründen niederlegen. Nach einer Ausschreibung durch die Fraktion wurde Marc Mauracher als sein Nachfolger vor der Sommerpause gewählt. Der Liegenschaftsausschuss berät zum größten Teil aus Datenschutzgründen in nicht öffentlicher Sitzung.
Der Liegenschaftsausschuss entscheidet über:
1. Erwerb inklusive der Ausübung gesetzlicher und vertraglicher Vorkaufsrechte, Veräußerung und Belastung von Grundstücken bei Beträgen von mehr als 50.000 bis einschließlich 500.000 Euro;
2. Vermietung und Verpachtung städtischer Liegenschaften bei Verträgen mit einer Laufzeit von mehr als fünf bis einschließlich zehn Jahren oder einer Miet- oder Pachtsumme von mehr als 50.000 bis einschließlich 500.000 Euro innerhalb der Laufzeit;
3. Zuerkennung von Räumungsentschädigungen bei Freistellungen im öffentlichen Interesse bei Beiträgen von mehr als 25.000 Euro;
4. Baumaßnahmen an und Gestaltung von fiskalisch genutzten städtischen Hochbauten bei Kosten von mehr als 300.000 bis einschließlich 1,5 Millionen Euro;
5. Bedarfsfeststellungen von Lieferungen und Leistungen für fachliche und dv-technische Aufgaben der Liegenschafts-, Vermessungs- und Katasterverwaltung einschließlich des Geodatenmanagements bei Auftragswerten von mehr als 100.000 bis einschließlich 1 Millionen Euro.
In den letzten Monaten ist ein Thema allerdings besonders hervorzuheben: die Vergabe von städtischem Grund in Erbpacht. Der erste Baustein, die Vergabe von Grund für Wohnraumbebauung wurde bereits durch den Rat – allerdings gegen die Stimmen unserer Fraktion – beschlossen. Baustein 2, die Vergabe von Grund für Gewerbeimmobilien, und Baustein 3, die Vergabe an sozial-kulturell tätige Institutionen, sollen in Zusammenarbeit mit den Ausschussmitgliedern folgen.
Die FDP-Fraktion steht der Vergabe in Erbpacht kritisch, aber nicht negativ gegenüber. Erbbaurecht wird im Kontext der steigenden Zinsen aktuell als eine kostengünstige und geeignete Alternative zu dem „traditionellen“ Erwerb einer Liegenschaft diskutiert. Der teure Hausbau oder Kauf wird dabei um den Preis des Grundstückes reduziert da sie dieses nicht erwerben, sondern dem Veräußerer, in diesem Fall der Stadt, eine Pacht zahlen. Nach dem Ablauf der Vertragsdauer besitzen Sie also ein teuer gebautes Haus auf einem Grundstück, dass Ihnen nicht gehört, und worüber die Stadt entscheiden kann, ob Sie den Vertrag verlängert oder nicht. Ebenfalls angepasst werden natürlich die Konditionen bei der Verlängerung, da sich die Pacht nach dem Wert des Grundstückes bemisst.
Im direkten Vergleich ist zu erkennen, dass die monatliche Belastung bei einem Annuitätendarlehen doppelt so hoch ist wie bei dem Erbbauzins. In der Laufzeit zeigt sich jedoch eine Differenz von 69 Jahren. Daraus resultiert ein erheblicher Unterschied in den Kosten. Hinzu kommt, dass nach Ablauf des Annuitätendarlehens das Grundstück im Besitz des Erwerbers ist und somit den Kosten gegenzurechnen ist.
Aufgrund der volatilen Immobilienpreise sind Wertsteigerungen nicht miteingerechnet. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass über einen Zeitraum von 99 Jahren der Wert der Liegenschaft erheblich steigen würde. Zusammenfassend hat Erbbaurecht kurz bis mittelfristige Liquiditätsvorteile für den Erwerber/Pächter. Jedoch hat dies langfristig einen hohen wirtschaftlichen Preis, wodurch die Stadt als Veräußerer massiv profitiert.
Praxis ist die Anwendung von Erbbaurecht aktuell bei Liegenschaften mit privater Nutzung. Die Stadt lässt nun die Voraussetzungen schaffen, dies auch für Gewerbe Immobilien einzuführen. Zwischen dem privaten und gewerblichen Erbbaurecht besteht jedoch ein essenzieller Unterschied und der ist der „Erwerber“. Der Unternehmer betrachtet die Immobilie rein wirtschaftlich, indem das Erbbaurecht, wie im Vorfeld erläutert, keine Verbesserung, sondern eine Verschlechterung darstellt. Der Unternehmer kann alternativ auf andere Standorte, Städte und Länder auszuweichen, wo kein Erbbaurecht vergeben wird.
Fazit zum Erbbaurecht: Das Erbbaurecht ist aus einer wirtschaftlichen Perspektive, keine wirklich Alternative. Ja, es senkt die kurz- bis mittelfristige Belastungen und ermöglich so eine bessere Liquidität, jedoch ist es langfristig teurer als ein Darlehen und schafft kein Eigentum, sondern eine fortwährende Verbindlichkeit. Dass Erbbaurecht die Immobilienspekulation eindämmen oder reduzieren kann, halte ich für illusorisch und fällt für mich als Argument weg. Somit verbleibt nur die erwähnte Liquidität bei der Finanzierung als Vorteil, welche im Vergleich mit den genannten Nachteilen nicht überwiegt.
Einen wirtschaftlichen Beweggrund für die Einführung des Erbbaurechts kann ich somit nicht erkennen, deshalb muss von einem politischen Beweggrund ausgegangen werden. Da einer der regierenden Parteien schon vor der Einführung des Erbbaurechtes mit Theorien aus der Planwirtschaft philosophiert hat, sowohl auf lokaler Ebene, Downsizing (Festlegung und Reduzierung der Wohnfläche für Rentner) als auch auf Bundesebene, Verbot des Einfamilienhauses (Hofreiter 2021), scheint das Forcieren des Erbbaurechtes nun der nächste logische Schritt. Es ist deutlich einfacher, die eben genannten Parteipunkte in Erbbauimmobilien umzusetzen als in Immobilien, die im privaten Besitz sind. Dadurch empfinde ich Erbbaurecht als signifikanten Eingriff in die Rechte des Bürgers. Auch wenn es manch eine Partei bedauert, noch haben wir keine Planwirtschaft. Mein Vorschlag zum Abschluss wäre, den Bürgern und Firmen selbst zu überlassen, ob sie die Liegenschaft erwerben oder pachten/mieten möchten. Dies wäre aus meiner Sicht liberal und würde den Standort Köln stärken.