Attentat auf Henriette Reker

Attentäter soll aus rechtsextremistischer Szene stammen

17.10.2015 Kölnische Rundschau

Von Thorsten Moeck, Daniel Taab und Jens Meifert

Die unabhängige OB-Kandidatin 

Henriette Reker ist bei einer Messer-Attacke am Samstagmorgen schwer verletzt worden. Zunächst hieß es, Reker sei außer Lebensgefahr. Doch auf der Pressekonferenz am Samstagnachmittag äußerte sich Polizeipräsident zum Zustand der OB-Kandidatin mit den Worten „Aktuell ist sie stabil, aber nicht über den Berg.“ Der Kriminalermittler Norbert Wagner äußerte sich zum Gesundheitszustand mit den Worten: „Wir gehen derzeit von einem Messerstich im Halsbereich von Frau Reker aus. Bei den anderen Verletzten handelt es sich um Personen aus dem Umkreis der Wahlkampagne von Reker.“ Wie es zu diesen Verletzungen kam, könne er noch nicht sagen, meinte Wagner. 

Am Samstagabend teilte Professor Bernd Böttiger, Direktor der Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin der Uniklinik Köln nun mit, dass die Operation von Frau Reker sehr gut verlaufen sei. „Wir haben keinen lebensbedrohlichen Zustand mehr.“ Bei normalem Verlauf hielten die behandelnden Ärzte die vollständige Wiederherstellung der Gesundheit Rekers für wahrscheinlich. 

Der festgenommene Attentäter (44) hat in seiner Vernehmung im Polizeipräsidium Köln gestanden, OB-Kandidatin Henriette Reker „gezielt angegriffen“ zu haben. Dies teilte Kölns Kripo-Chef Wagner mit. „Der Mann hat gestanden, aus fremdenfeindlichen Motiven gehandelt zu haben“, sagte Wagner. Hinweise auf Komplizen gebe es nicht.

Für seinen Angriff auf die Politikerin hat der Täter laut Polizei ein Bovi-Messer sowie ein Butterflymesser eingesetzt. „Wir müssen feststellen, inwieweit fremdenfeindliche Aspekte ausschlaggebend für die Tat waren“, sagte Oberstaatsanwalt Alf Willuhn. Der Verdächtige werde heute noch psychiatrisch untersucht. 

Der Tatverdächtige soll seit 15 Jahren in Köln gelebt haben, er ist laut Polizei gelernter Maler und Lackierer, war aber seit mehreren Jahren arbeitslos und bezog Hartz IV. In seiner Vernehmung habe er erklärt, vor 20 Jahren einmal politisch aktiv gewesen zu sein.

Täter soll Mitglied der FAP gewesen sein

Der mutmaßliche Messerstecher von Köln soll nach einem unbestätigten Bericht des „Spiegel Online“ in den 1990er Jahren bei einer Neonazi-Gruppe aktiv gewesen sein. Der aus Bonn stammende Mann soll sich Anfang der Neunzigerjahre wohl in den Reihen der rechtsextremen Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei (FAP) bewegt haben, berichtet „Spiegel Online“ ohne direkten Bezug auf eine Quelle. Die FAP galt als besonders aggressive Neonazi-Partei und war 1995 vom Bundesministerium verboten worden. Sowohl 1993 als auch 1994 soll der Täter an Rudolf-Hess-Gedenkmärschen in Fulda und Luxemburg teilgenommen haben. Zuletzt sei der Mann mit ausländerfeindlichen Kommentaren im Internet aufgefallen, berichtete „Spiegel Online“ unter Berufung auf Behörden.

Der Mann wohnt im Stadtteil Nippes und ist deutscher Herkunft. Die Wohnung des Mannes in einem Mehrfamilienhaus wird von der Polizei durchsucht. Er ist bislang nicht polizeibekannt geworden. Nach Informationen der Rundschau kam der Mann auf Henriette Reker zu und fragte sie, ob er eine Rose haben können. Kurz danach stach er zu. 

Stiche im Halsbereich

Der Täter verletzte die 58-Jährige Reker mit mehreren Stichen im Halsbereich. Bewaffnet war der Mann mit zwei Messern. Reker wurde an der Luftröhre verletzt und musste operiert werden. Es sollen keine arteriellen Verletzungen gewesen sein. Die OB-Kandidatin hatte am Morgen an einem gemeinsamen Infostand von CDU, FDP und Grünen einen ihrer letzten Wahlkampftermine vor der morgigen OB-Wahl abgehalten.

Insgesamt wurden bei dem Vorfall fünf Personen verletzt. Neben Reker wurde Anette von Waldow (FDP) schwer verletzt. Sie erlitt mehrere Stiche in die Seite. Zu den leicht Verletzten zählen Rekers Referent Pascal Siemens, die FDP-Ratsfrau Katja Hoyer sowie Marliese Berthmann, Vorsitzende des CDU-Ortsverbandes Braunsfeld/Müngersdorf.

Täter sprach von „Flüchtlingsschwemme"

Der 44-jährige Täter soll vor der Tat geschrien haben: „Ich bin der Messias. Ich tue es für euch alle.“ Er soll geschrien haben, dass er es wegen der Flüchtlingspolitik tue, von „Flüchtlingsschwemme“ habe er gesprochen. CDU-Parteichef Bernd Petelkau war schockiert. Er sagte der Rundschau vor Ort, man habe den Mann schon einmal an einem CDU-Infostand beobachtet. Es sei klar ersichtlich gewesen, dass der Angriff in erster Linie Henriette Reker gegolten habe. Mehrere Markthändler versuchten nach dem Angriff einzugreifen. Ein Wahlkampfhelfer der Grünen soll dem Mann das Messer aus der Hand geschlagen haben. Nach der Tat habe der Mann apathisch dagestanden und sich widerstandslos festnehmen lassen. Er soll gerufen haben, „ihr könnt mir dankbar sein“.

Bundeskanzlerin besorgt

Das Wahlkampfteam von Henriette Reker erklärte via Twitter: „Henriette Reker ist außer Lebensgefahr. Mehr Infos im Laufe des Tages. Verletztes Teammitglied Umständen entsprechend wohlauf.“ Bundeskanzlerin Angela Merkel erkundigte sich bei CDU-Fraktionschef Armin Laschet nach dem Zustand der Kandidatin. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft teilte mit: „Ich bin schockiert über die Attacke auf Frau Reker. Das ist ein Angriff auf uns alle. Hoffe und bange mit den Verletzten.“

Oberbürgermeister Jürgen Roters hat sich vor Ort geäußert. Der Kandidat der SPD, Jochen Ott, zeigte sich via Facebook entsetzt von der Bluttat und wünschte Reker alles Gute. Er werde seinen Wahlkampf nun aussetzen. Die Stadt teilte mit, sie werde sich im Laufe des Tages äußern.

Wahl findet statt

Die Wahl wird wie geplant stattfinden. „Ich gehe davon aus“, sagte Dr. Bodo Klein, Sprecher der Bezirksregierung, der Rundschau, auch wenn es ein „ganz tragischer und bedauerlicher Zwischenfall“ sei. Zwingend verschoben werden muss die Wahl laut Wahlgesetz nur im Fall des Todes eines Kandidaten. Dies war nach dem 13. September in Bad Münstereifel der Fall, als der SPD-Kandidat auf dem Weg zum Rathaus zusammengebrochen und später verstorben ist. (mit dpa)

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Katja Hoyer

Katja Hoyer

Sozialpolitische Sprecherin der FDP-Ratsfraktion

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